Zeichenbezogene Faktoren

Zur Empfehlung

Schriftgröße

Als Schriftgröße wird die gesamte vertikale Ausdehnung einer Schrift mit ihren Ober-, Mittel- und Unterlängen angegeben, und zwar in der Maßeinheit Punkt (1 Pica-Punkt = 0,353 mm). Je nach Schriftart fallen die Proportionen allerdings sehr unterschiedlich aus: Bei gleicher Schriftgröße können Versalhöhen bis zu 20 %, Mittellängen bis zu 40 % und Unterlängen bis zu 30 % differieren. Daher wirken verschiedene Schriftarten bei gleicher Punktgröße unterschiedlich groß. Die entscheidende Größe für die Lesbarkeit ist bei gemischter Schreibweise allerdings die Mittellänge. vgl.

DIN 1450
Schriften – Leserlichkeit
Ausgabe April 2013
Jan Filek Read/ability – Typografie und Lesbarkeit Niggli 2013 Indra Kupferschmid Buchstaben kommen selten allein Niggli 2001 Gerard Unger Wie man’s liest Niggli 2009 Hans Peter Willberg Wegweiser Schrift Verlag Hermann Schmidt Mainz 2001 Florian Adler, Sven Neumann Leserlichkeit von Schrift im Öffentlichen Raum in: J. Eckert, C. Fischer, I. Pfeiffer, P. Schäfer, A. Uebele u. a. (Hg.)
Schrift und Identität, Niggli 2013

Daher beziehen sich die hier angegebenen Schriftgrößenempfehlungen der DIN 1450 auf die Mittellänge. Die angegebenen Punktgrößen dienen lediglich als ungefähre Annäherungswerte. DIN 1450
Schriften – Leserlichkeit
Ausgabe April 2013

Drei Schriften im Vergleich: Garamond, Verdana und Futura zeigen bei gleicher Punktgröße erhebliche Unterschiede in den Proportionen von Mittellänge und Versalhöhe.

Da die Mittellänge in Computerprogrammen nicht angezeigt wird, muss sie im Einzelfall nachgemessen werden. Für das Programm Adobe InDesign steht jedoch ein externes Plug-in zur Verfügung, das leicht zu installieren und intuitiv zu bedienen ist. Erläuterungen und Download zum InDesign-Plug-in finden sich auf typografie.info.

Neben der Textart bildet der Betrachtungsabstand des Lesers zum Text einen wesentlichen Aspekt der Schriftgrößenbestimmung. Während ein Buch mit dem Abstand einer Unterarmlänge gelesen wird, hält man ein Handy meist näher vor die Augen, ein Desktop-Monitor ist etwa 70 Zentimeter entfernt und ein Straßenschild möchte man bereits aus 10 Metern Entfernung lesen können.

Die individuelle Sehschärfe (Visus) und die jeweiligen Sichtbedingungen – wie z. B. Beleuchtung oder Kontraste – sind der dritte bestimmende Faktor für die Schriftgröße.

Die Schriftgrößenempfehlungen der DIN 1450 beziehen sich auf eine normale Sehschärfe von mindestens 70 % (Visus ≥ 0,7). Bei geringerer Sehschärfe kann die jeweilige Schriftgröße mit einem dem Visus entsprechenden Faktor multipliziert werden, um eine ausreichende Schriftgröße zu erreichen. Allerdings kann die Schriftgröße nicht beliebig vergrößert werden, da die Begrenzung des Gesichtsfeldes sowie Spaltenbreiten, Formate und technische Lesehilfen hier Grenzen setzen. Daher hat sich ein Faktor von 1,4 (Visus ≥ 0,5) bis maximal 1,75 (Visus ≥ 0,4) als praktikabel erwiesen. Mit diesem kann die Schriftgröße multipliziert werden, wenn Texte speziell an Leserinnen und Leser mit Sehbehinderungen gerichtet sind. Für alle anderen Anwendungen sind die Standard­schriftgrößen­empfehlungen der DIN 1450 ausreichend.

Entscheidend für die richtige Schriftgröße ist im Zweifel ein Test des Entwurfs unter realen Bedingungen.

Beim Lesen bewegen sich die Augen in kleinen Sprüngen, den Sakkaden. Pro Sakkade werden etwa zehn bis zwölf Buchstaben erfasst – drei oder vier links des Blickzentrums und sieben bis neun rechts davon. Lediglich im Blickzentrum, der Fixation, sieht man die Zeichen scharf. Menschen mit eingeschränktem Gesichtsfeld, Leseanfänger oder ungeübte Leser erfassen weniger Buchstaben je Fixation. vgl.

Stanislas Dahaene Lesen Knaus 2010
Jan Filek Read/ability – Typografie und Lesbarkeit Niggli 2013 Gerard Unger Wie man’s liest Niggli 2009

Schriftgrößenrechner

Mit diesem Schriftgrößenrechner können häufige Anwendungsszenarien ausgewählt und konkrete Mittellängen entsprechend der DIN 1450 ermittelt werden (die Angabe der Schriftgröße in Punkt gibt dabei lediglich Annäherungswerte wieder).

Als Faustregel kann man, wie oben erläutert, von folgenden Visuswerten ausgehen:

Individuelle Eingabemöglichkeiten für das Mittellängen-Schriftgrößenverhältnis, Beleuchtungsverhältnisse, sowie die virtuelle Auflösung lassen sich in der Expertenversion des Schriftgrößenrechners simulieren.

Je nach Relevanz der Einhaltung bestimmter Normen ist eine zusätzliche Prüfung nach den vollständigen Kriterien der DIN 1450 und ggfs. weiterer Normen unumgänglich.

Zusammengefasste Empfehlungen
Schriftgröße